Leben und Tod

Aus Wiki1

(Unterschied zwischen Versionen)
Wechseln zu: Navigation, Suche
Zeile 46: Zeile 46:
Siehe auch  
Siehe auch  
https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/leben/38516
https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/leben/38516
 +
 +
https://archive.org/details/wie-viren-unseren-korper-angreifen
[[Kategorie:Philosophie]]
[[Kategorie:Philosophie]]
[[Kategorie:Leben und Technik]]
[[Kategorie:Leben und Technik]]

Version vom 13:11, 26. Mai 2022

Lebende Objekte beruhen auf regelbasierten Systemen, die wiederholt auf Signale ihrer Umgebung reagieren können. Ein Stein kann einmal auf eine äußere Kraft reagieren. Wenn er, angestoßen, den Berg hinabgerollt ist, bleibt er auf ewige Zeiten dort liegen. Ein Käfer, den ein Windstoß herabwirbelt, kann sich aufrappeln und den Weg zurück krabbeln oder etwas unerwartetes tun. Schön ein Molekül, aus dem lebende Zellen zusammengesetzt sind, verändert seine Struktur abhängig von einem Umgebungssignal und kann dadurch gezielt wirken. Damit sich dieser Vorgang wiederholen kann, muss das geänderte Molekül in seinen Ausgangszustand zurückversetzt werden. Hierzu ist Energie notwendig. Leben erfordert deshalb 2 miteinander kombinierte Systeme:

  • ein System, das Energie und Masse aus der Umgebung absorbieren und verfügbar machen kann (Stoffwechsel)
  • ein System, das Energie und Masse aus der Umgebung als Signale nutzt, um reagieren zu können und immer wieder in den Empfangszustand zurückversetzt werden kann (Informationsverarbeitung)

Wenn eines der beiden Systeme versagt, wird aus dem Lebendigen das Tote.

Die Komplexität von Leben steigt mit der Zahl der regelbasierten Systeme, aus denen ein Organismus besteht. Dabei bildet sich ein stabiler, autonomer Organismus nur dann, wenn alle Regeln im Sinne der Gesamtheit des Organismus aufeinander abgestimmt sind. 

Der kleinste autonome Organismus ist der Einzeller. Er lebt, solange er nicht durch äußere Einflüsse gestört wird. Dies ist jedoch in einer dynamischen Welt auf Dauer nicht möglich. Die einzige Chance, Leben auf Dauer sicher zu stellen, besteht in der kontinuierlichen Vervielfältigung. Es muss immer genug "Keimzellen" geben, die die Kombination aus Energiebereitstellung und Informationsverarbeitung repräsentieren und sich erneut vervielfältigen können. Dann bleibt Leben erhalten. Und dieses Leben wird für jeden Organismus in einer einzigen Zelle repräsentiert, die alle für diesen Organismus notwendigen Regeln enthält. Die Entwicklung des lebenden Individuums ist dann nur eine Frage der Zeit und der verfügbaren Ressourcen.

Wieviele Regeln repräsentieren einen Menschen - wieviele ein Huhn? Wie anmaßend ist es, zu glauben, die wenigen 100 oder 1000 Regeln eines Roboters würden bereits ein vergleichbar komplexes System repräsentieren.

Beispiele ATPase für ein regelbasiertes System des Lebens, das Sensorik, Aktorik und Informationsverarbeitung auf biochemischer Ebene vereint:

https://m.youtube.com/watch?v=b_cp8MsnZFA

https://m.youtube.com/watch?v=rdF3mnyS1p0

Zellen, Viren und Maschinen

Am Beispiel von Zellen und Viren können diese Konzepte gut beschrieben werden - und vielleicht lässt sich daraus auch die aktuelle Einordung unserer Maschinensysteme begründen.

Zellen sind in der Lage Masse und Energie aufzunehmen, in jede erforderliche Form umzuwandeln und für Stoffwechsel und Informationsverarbeitung zu nutzen. Sowohl Stoffwechsel als auch Informationsverarbeitung verwenden Massen und Energien. Pflanzenzellen nutzen Lichtenergie für den Stoffwechsel und unsere Geruchszellen nutzen Moleküle als Signale. Nervenzellen setzen elektrische Energie und Moleküle zur Signalübertragung ein.

Der Stoffwechsel ist dabei Voraussetzung für die Fähigkeit von Zellen, sich zu kopieren, zu reparieren und die informationverarbeitenden System funktionsfähig zu halten. Die Informationsverarbeitung ist erforderlich, um auf eine dynamische Umgebung zu reagieren, lange genug zu überleben und die für den Stoffwechsel notwendigen Energien und Stoffe zu finden.

Auch Viren nutzen Energien und Stoffe als Signale um geeignete Wirtszellen zu finden, an sie anzudocken, in sie einzudringen und ihre Erbinformation einzuschleusen. Sie verfügen aber nicht über einen eigenen Stoffwechsel, der ihnen erlaubt, sich selbst durch Aufnahme vonr Energie und Masse zu kopieren. Hierfür benötigen sie den - verglichen mit dem Virus - riesigen Apparat von Zellen oder Bakterien. Nur dort sind die Systeme und Prozesse vorhanden, um aus einer Erbinformation die notwendigen Proteine zum Aufbau einer Kopie des Virus zu produzieren.

Wenn wir dieses Konzepte mit unseren komplexen Maschinen vergleichen, so stehen diese bestenfalls auf der Stufe von Viren. Maschinen benötigen für ihre Reproduktion gigantische Produktionssysteme, die von Menschen erbaut und deren Funktion durch Menschen aufrechterhalten werden müssen. Es gibt auch heute noch kein Konzept, wie mit Maschinen ein - wie auch immer gearteter - "Stoffwechsel" realisiert werden könnte. In unseren Maschinen ist also gerade einmal das Konzept der Informationsverarbeitung realisiert.

Anders als Viren besitzen Maschinen allerdings keine Informationen, die sie in das Produktionssystem einschleusen. Maschinen müssen Menschen auf andere Weise veranlassen, sie zu reproduzieren: durch die Überzeugung, dass diese Maschine dem Menschen nutzt. Autos werden produziert, weil sie den Menschen Nutzen verheissen - nicht weil sie das Produktionssystem manipulieren, wie es Viren tun. Maschinen haben keine innere Motivation, keinen "Willen" - sie sind einfach da. Der Wille kommt von Menschen, die die Maschine besitzen wollen - oder die sich einen Nutzen von deren Produktion versprechen.

Wille und Sein

Und hier ergibt sich ein weiterer gravierender Unterschied zwischen dem Lebendigem und dem Technischen. Maschinen haben zwar ein inneres Ziel, das wir durchaus mit einem "Willen" gleichsetzen können. Doch dieser "Wille" hat nichts mit der Maschine, ihrer inneren Struktur, ihrem Verhalten, ihrem "SEIN" zu tun. Das was sie tun, hat für sie selbst, ihr "Überleben", ihr Dasein keine Relevanz. Hierin unterscheiden sich Maschinen sowohl von Viren als auch von Einzellern und allen höheren Lebewesen. Ein Virus hat ein inneres Ziel, dass unmittelbar mit seinem Aufbau korreliert. Es dockt gezielt an geeignete Zellen an, die es manipulieren kann und es besteht genau aus den Proteinen, die hierzu benötigt werden. Der Wille - also das innere Ziel - und die Struktur des Virus - das Sein - hängen von einander ab und sind damit beide einem evolutionären Prozess unterworfen. Ein Wille, der die Reproduktion verhindert, wird zum Aussterben führen.

Besonders deutlich wird dies bei höheren Lebewesen. Ihre wesentliche innere Motivation ist das Überleben mit dem Ziel der Reproduktion. Alles was diesem Ziel nutzt, wird gefördert, alles was sie behindert wird unterdrückt. Alles Wollen des Menschen, seine Bedürfnisse und Motivation hat sich aus diesem Zusammenhang entwickelt.

Anders bei Maschinen: hier ist das Ziel nicht am Nutzen für die Maschine ausgerichtet, sondern von außen vorgegeben. Es gibt keine Maschine mit innherenten Zielen und Motiven - und es ist unklar, wie diese Ziele und Motive überhaupt formuliert werden müssten. Die Reproduktion spielt bei Maschinen keine Rolle, da sie nicht existiert. Das "Überleben" als Motiv würde vermutlich zur sofortigen Selbstabschaltung der Maschine führen, da sie so ihren Verschleiß minimieren und ihre Lebensdauer erhöhen würde. Wollen und Sein sind bei Maschinen also nicht gekoppelt und keiner gemeinsamen Entwicklung unterworfen, wie es bei allen Lebewesen und bei Viren der Fall ist. Und ich stelle die These auf, dass die Kopplung von Wille und Sein Voraussetzung für echte Autonomie ist.


Siehe auch https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/leben/38516

https://archive.org/details/wie-viren-unseren-korper-angreifen

Persönliche Werkzeuge