Gehirn und Computer

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Mythos virtuelle Realität

Betrachtet man das beschriebene Modell des Gehirns als musterverarbeitende "Maschine", so erweist sich der moderne Mythos der virtuellen Realität schnell als technischer Unsinn:

Die Idee der "virtuellen Realität" geht davon aus, dass es prinzipiell möglich ist, dem Gehirn von außen eine simulierte Wirklichkeit vorzugeben. Bisher geschieht dies, in dem uns über Augen, Ohren und in teuren Simulatoren durch das Gleichgewichtsorgan eine künstliche Wirklichkeit vorgespielt wird. Tatsächlich sind die Ergebnisse beeindruckend - wenn man sie mit dem Blick eines Theaterbesuchers sieht, der sich bewusst auf die Simulation der Wirklichkeit einlässt. Ohne diesen "Blick" ist diese Scheinrealität nicht viel näher an der Wirklichkeit als jeder Film. Zudem werden die physischen Empfindungen wie Gleichgewicht, Kälte und Wärme, Gerüche oder Wind ausschließlich "real" durch wirkliche Lageveränderung, Temperatur, Geruch und Luftbewegung "simuliert". Von einer virtuellen Realität, die dem Gehirn direkt vorgegaukelt wird, ist man noch sehr, sehr weit entfernt.

Hierzu müssten uns die Informationen direkt über die Nervenstränge eingespeist werden, die unser Gehirn mit Informationen versorgen. Man müsste also Millionen einzelner Signale gleichzeitig generieren und zwar genau so, wie sie von unserem Körper generiert werden. Dies erfordert, dass zunächst der komplette menschliche Körper simuliert wird, um physische Einflüsse von außen korrekt in Nervenimpulse zu übersetzten. Die Signale, die z.B. unsere Haut bei einem Windhauch liefert sind durch die Eigenschaften der Haut, der Behaarung und der Luft bestimmt und ergeben ein komplexes Signalmuster, dass mit dem Windhauch selbst nichts gemein hat. Die zu einem Augenblick gehörenden Signale müssen gleichzeitig vorliegen um ein konsistentes Bild der virtuellen Wirklichkeit zu liefern.

Die Übertragung der Signale in unser Gehirn gestaltet sich ebenfalls sehr schwierig. Während die Nervenstränge unseres Körpers über das Rückenmark in das Gehirn geführt werden, gelangen die Signale von Nase, Augen, Ohren und Zunge über eigene Nervenstränge in unser Gehirn. Man hätte es bei der Einspeisung von Informationen also nicht mit einer, sondern mit mindestens 5 Schnittstellen zu tun, die jede einen schweren Eingriff in unser Gehirn erforderten.

Diese grobe Skizze zeigt bereits, wie komplex das Problem der virtuellen Realität ist und das es mit dem uns zur Verfügung stehenden Wissen und unseren technischen Möglichkeiten wohl noch einige Jahrhunderte (und nicht Jahrzehnte) dauern wird, bis wir uns einer Lösung nähern. Wir werden daher wohl noch etwas auf die Matrix warten müssen.


Mythos "künstliche Intelligenz"

Auch die künstliche Intelligenz ist ein Projekt, dass die Wissenschaft nicht loslässt und die Fortschritte scheinen tatsächlich nicht von der Hand zu weisen: gehende Roboter, Spracherkennung, Bilderkennung, lernende Maschinen. Schaut man sich diese Umsetzungen von künstlicher Intelligenz näher an, so erscheint der Begriff "Intelligenz" jedoch maßlos übertrieben. Alle diese Geräte verfügen nämlich nur sehr begrenzt über eine Eigenschaft, die wir jedem intelligenten Wesen unterstellen: Autonomie. Kein Roboter ist bis heute in der Lage, sich außerhalb einer genau definierten Umgebung frei zu bewegen - eine Fähigkeit, die jede Fliege besitzt. Künstliche Intelligenz, dass sind immer nur Einzelleistungen: Schachspielen, Erkennen von einfachen Körpern, Bildanalyse, räumliche Orientierung. Natürliche Intelligenz ist aber alles gleichzeitig: Schachspielen, Gehen, Sehen, Denken, Forschen, Spielen. Nur wenn man Intelligenz auf rein rationales, streng kausales Denken beschränkt, lässt sie sich mit heutigen Techniken simulieren. Aber natürliche Intelligenz erfordert eben keine genauen Regelvorgaben. Sie tastet sich langsam durch die Wirklichkeit, schafft und verwirft ihre eigenen Regeln, mit denen sie versucht, die geeigneten Antworten auf die Anforderungen eines jeden Augenblicks zu finden.

Wenn die Forschungsvorhaben zur künstlichen Intelligenz eines erbracht haben, dann ist es die Erkenntnis, dass die Intelligenz von Lebewesen bei weitem komplexer ist, als man je für möglich gehalten hat. Die Gehirne von höheren Lebewesen sind weit mehr als einfache Reiz-Reaktionsmaschinen. Sie sind keine einfachen Rechenmaschinen, die ein eingebautes Programm abspulen, sondern sie sind hochplastische Gebilde mit Millionen von parallelen Verarbeitungssträngen, die die Wirklichkeit extrem differenziert abbilden und in wenigen Schritten sich selbst und den Zustand der sie umgebenden Körper dieser Wirklichkeit anpassen. Sie haben sich in Millionen Jahren entwickelt: Schritt für Schritt, immer auf dem vorangehenden aufbauend. Niemand hat ein Programm geschrieben, Unterprogramme angehängt, Fehler beseitigt und neue Programmversionen überspielt. Bei kaum einem anderen Organ wird der Unterschied zwischen Technik und Leben deutlicher als beim Gehirn. Alle heutigen Konzepte der Informationsverarbeitung sind grundsätzlich verschieden von diesem Konzept der parallelen Musterverarbeitung. Es erscheint mir daher sehr wahrscheinlich, dass jede "künstliche" Intelligenz zu verschieden von unserer eigenen wäre, um sie überhaupt zu begreifen. Wir sind in der Lage, uns in unsere Mitmenschen hineinzuversetzen - auch eine der besonderen Fähigkeiten unseres Gehirns - wir können uns sogar in fremde Lebewesen begrenzt "einfühlen" aber wie sollen wir ein intelligentes Objekt verstehen, dass mit uns nichts gemein hat?

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