Der determinierte Mensch II
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Aktuelle Version vom 09:36, 19. Nov. 2025
Viele Technokraten setzen bei ihren großen Ideen zur Weltverbesserung den determinierten Menschen voraus. Demnach lässt sich ein abstraktes Modell des Menschen erstellen und sein Verhalten, seine Reaktionen, Interessen und Ziele lassen sich berechnen, simulieren und vorhersagen. Aktuell glaubt man an Big Data, künstliche Intelligenz und an die Selbstoptimierung des Menschen.
Zu letzterem ein paar Gedanken. Um etwas zu optimieren braucht es die Festlegung optimaler Kriterien. Machen wir es uns einfach und nehmen ein einziges Kriterium: Erfolg als Summe aus wirtschaftlichem Erfolg, gesellschaftlichem Erfolg und privatem Erfolg.
Wovon hängt dieser Erfolg ab? Auch hier kann man es sich einfach machen und sich auf wenige aber offensichtliche Kriterien zurückgreifen:
- wie ängstlich ist ein Mensch
- wie motiviert und zielstrebig ist ein Mensch
- wie diszipliniert ist ein Mensch
- wie konzentriert und fokussiert ist ein Mensch
- wie gut ist das Gedächnis eines Menschen
- wie gut ist seine körperliche Verfassung
- wie hoch ist seine Intelligenz
Das sind 7 wesentliche Eigenschaften, die eine große Bandbreite der Fähigkeiten eines Menschen abdecken.Für den Erfolg eines Menschen ist aber sicher nicht jede einzelne Eigenschaft für sich relevant, sondern die Kombination aus allen diesen Eigenschaften. Ein gutes Gedächnis ist toll, hilft aber einem undisziplinierten Menschen, der sich nicht zielstrebig auf ein ZIel konzentrieren kann, wenig. Ein disziplinierter Mensch kann vielleicht seine Ängste besser im Griff halten, sodass sie ihn weniger behindern. Hinzu kommt, dass die Eigenschaften nicht vollkommen unabhängig von einander sind. Ängste können mit zunehmendem Erfolg verschwinden - oder mit ausbleibendem Erfolg größer werden. Die Zielstrebigkeit eines Menschen ändert sich mit der Zeit und mit den Erfahrungen und auch die Intelligenz ist keine Konstante.
Man hat es deshalb mit einem sehr komplexen Gebilde zu tun, will man einen Menschen berechenbar machen. Wenn aber ein Mensch nicht berechenbar ist, dann ist er im streng objektivem Sinne auch nicht optimierbar. Er kann nur versuchen, sich entsprechend seinem inneren Wertesystem in positive Richtung zu entwickeln. Es ist aber vermessen, von außen ein Optimum zu definieren, auf dass der individuelle Mensch hin streben sollte.
Deshalb ist es zutiefst unmenschlich, wenn Eltern, Unternehmen und ganze Gesellschaften die "optimalen" Eigenschaften ihrer Kinder, Mitarbeiter und Bürger definieren wollen oder wenn Gesellschaften allgemeingültig festlegen wollen, wann ein Mensch gut oder schlecht, nützlich oder unnützlich ist.
Mythen der Evolutions-Psychologie
Die Evolutions-Psychologie gründet auf der Annahme, dass sich unsere mentalen Eigenschaften, unser Wollen und Nichtwollen, unsere Ängste und Vorlieben durch evolutionäre Wechselwirkungen heraus gebildet haben - und damit vorhersagbar sind. Das scheint plausibel. Allerdings erweist es sich als unmöglich, diese Wechselwirkungen zu belegen oder auszuschließen und den Grad der genetischen Determiniertheit unserer Triebe und Emotionen zu quantifizieren.
Das Resultat sind wüste Mythen über das Mann- und Frausein und die "wissenschafliche" Absolution für unverschämtes sexistisches Verhalten, Vergewaltigung und Prostitution.
Ein Video der smarten britischen YouTuberin münecat nimmt diese Mythen unterhaltsam und fundiert auseinander.
Grenzen des Determinismus
Die Behauptung eines absoluten physikalischen Determinismus ist kein Problem. Diese Behauptung zu belegen dagegen schon. Die einzige Möglichkeit, einen strengen Determinismus zu belegen ist die Vorhersage. Wenn alle Regeln bekannt sind und der Istzustand vollständig bestimmt ist, sollte der daraus folgende Zustand vorhersagbar sein.
Das erfordert aber folgende Fähigkeiten:
- Die vollständige Erfassung aller Informationen eines Zustands und seines Folgezustands
- Die Kenntnis aller Regeln zur Ableitung des Folgezustands aus dem Ausgangszustand
- Die Möglichkeit, Ausgangszustand und Folgezustand zu vergleichen
Damit können wir noch nicht die Zukunft vorhersagen, sondern nur die Determiniertheit eines vergangenen Ereignisses überprüfen. Um die Zukunft vorhersagen zu können, müssen wir
- den Folgezustand schneller ableiten als er sich in der Wirklichkeit einstellt.
Das scheint aber auf ein grundsätzliches Problem zu führen. Die notwendige Zeit für die Ableitung eines Zustands aus seinem Ausgangszustand ist unabhängig von der Geschwindigkeit der Zustandsänderung. Die Berechnung der Bewegungen einer Galaxie dauert genausolange wie die Berechnung der Bewegungen von Atomen - obwohl das Eine Milliarden Jahre umfasst, das Andere nur Picosekunden.
Wir können also nur Phänomene vorhersagen, die langsamer ablaufen als die Dauer der Ableitung oder Berechnung.
Bei toten Objekten scheinen diese Determinismusbelege möglich zu sein. Bei Subjekten, deren Verhalten von ihrem inneren Zustand abhängt, stoßen wir hier noch an gewaltige methodische Mauern. Wir scheitern bereits an der Erfassung eines Zustands. Was geht in einem Subjekt mit eigenen inneren Regeln vor?
