Wissen

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Wir leben in einer Wissensgesellschaft - zumindest wird dies durch viele Stackholder propagiert. Aber was ist Wissen? Sind die gespeicherten Daten, die unzähligen Dateien, Bilder, Grafiken, Filme, Bücher die überall auf der Welt zu finden sind "Wissen"?

Vielleicht sollte man von der ganz menschlichen Intuition ausgehen: ich weiß etwas, wenn ich eine Frage richtig beantworte - ohne Vorsagen und Abgucken .

Wissen als abstraktes Konstrukt ist dann eine Information, die ich aus meinem Gedächnis krame und mit deren Hilfe ich die Frage richtig beantworten kann oder allgemeiner ausgedrückt:

Wissen ist eine Information aus der Vergangenheit, die genutzt wird, um eine Frage in der Gegenwart korrekt beantworten zu können.

In dieser Definition von Wissen stecken einige Details, die im Umgang mit Wissen beachtet werden müssen:

  • Wissen ist immer Information - aber Information ist nicht notwendigerweise Wissen.
  • Ob eine Information Wissen ist, entscheidet sich an der Frage (oder dem Kontext) bei deren Beantwortung sie hilft - ohne Frage kein Wissen.
  • Die Information muss aus der Vergangenheit stammen, also nicht unmittelbar in der Gegenwart ersichtlich sein. Abgucken gilt nicht!
  • Die Frage muss korrekt beantwortet werden, wobei "korrekt" vom gesellschaftlichen Umfeld abhängen kann und manchmal in späteren Zeiten korrigiert werden muss (Beispiel: im Mittelalter war es allgemeiner Stand des Wissens, dass Hexen und Zauberei existieren!) . Dann wird aus vermeintlichem Wissen Unwissen. Wissen sucht Wahrheit!


Wissen ist ein dem Leben innewohnendes Konzept. Jedes Lebewesen enthält alle Regeln zum physischen Aufbau als Informationen in den Genen gespeichert. Diese Informationen spiegeln die Anforderungen an die Lebensbedingungen der vorangegangenen Generationen und beantworten die Frage: wie muss das Lebewesen gestaltet sein, um sich in dieser Umgebung bewähren und fortpflanzen zu können, ohne dass über die aktuellen Lebensbedingungen alle notwendigen Informationen vorliegen müssen. Unser Körper, die Gestaltung unseres Gehirns bis hin zu einzelnen Verhaltensweisen enthalten das Wissen über diese Welt. Die Bionik versucht dieses Wissen aus der Struktur und Gestalt von Lebewesen abzuleiten - eine Form des Reverse Engineering.

ein Betrag zum Verhältnis Wissen und Verantwortung im Deutschlandfunk 2. August 2018 mit Lisa Herzog [1]

Signale, Informationen, Daten

Die Abgrenzung von Daten, Informationen und Wissen im Wissensmanagement hat mir nie eingeleuchtet. Der Begriff des Signals kommt im Zusammenhang mit "Wissen" nicht vor, obwohl er seit Norbert Wiener aus der Kommunikationstheorie und Kybernetik nicht wegzudenken ist.

Deshalb hier der Versuch, diese Begriffe einmal unabhängig von konkreten Fachgebieten in ihrem Bezug zum "Wissen" zu formulieren:

Signale
Ein Signal kann als physikalische Wechselwirkung zwischen zwei physikalischen Zuständen betrachtet werden:
Lichtwelle ist Wechselwirkung zwischen heißem Körper und umgebendem Raum
Farbe ist Wechselwirkung zwischen einem Körper und einer Lichtwelle
Ein Signal enthält immer Informationen über die Quelle und den Übertragungsweg - um es zu empfangen und interpretieren zu könne, muss der Empfänger über geeignete Einrichtungen und implizites Wissen über das Signal verfügen: Die Struktur des Auges ist auf die Eigenschaften des sichtbaren Lichtes zugeschnitten.
Informationen
Der Signalaustausch zwischen Signalquelle und Signalempfänger beinhaltet immer Informationen über die physikalischen Zustände von Quelle, Umgebung und Empfänger. Hierzu muss das Signal durch den Empfänger interpretiert werden. Dies wird von lebenden Organismen genutzt. Im Laufe der Evolution haben sie eine große Vielfalt von Empfangssystemen entwickelt, die Signale aus der Umgebung herausfiltern und dadurch gezielte Informationen über die Umgebung verfügbar machen. Alle Informationen, die wir über unsere Umgebung erhalten, werden durch Signale übermittelt.
Wissen
Wenn ein Organismus in der Lage ist, empfangene Signale zu interpretieren und die abgeleiteten Informationen zu speichern, kann er die Informationen bei zukünftigen Situationen nutzen. Er kann unvollständige Signale ergänzen und so Entscheidungen treffen, auch wenn nicht alle Informationen über die aktuelle Umgebung unmittelbar verfügbar sind. Aus den Informationen wird so "Wissen" über die Umgebung. Dieses Konzept unterstellt übrigens, dass es determinierte Wechselwirkungen in unserer Umgebung gibt, die sich über die Zeit nicht verändern. Ein Apfel fällt auf den Boden: gestern, heute und übermorgen. Dass alle uns bekannten Lebewesen solch implizites Wissen über ihre Umwelt in sich tragen und in ihren Strukturen und ihrem Verhalten die Determiniertheit der Welt voraussetzen, spricht übrigens gegen eine Welt in unserem Kopf, die unabhängig von der wirklichen Welt ist. No Matrix ever!
Daten
Der Begriff der Daten ist neu und kommt vornehmlich aus der IT-Welt. Daten sind im weitesten Sinne gespeicherte Informationen, mit der Möglichkeit, sie wieder auslesen und nutzen (interpretieren) zu können. Dies erfordert eine abgestimmte Kette aus Wechselwirkungen zwischen verschiedenen physikalisch Zuständen: Umgebung verändert Empfänger - Empfänger verändert Speicher - Speicher verändert Leser. In der Natur gibt es als Datenspeicher unsere Gene und auf individueller Ebene neuronale Netze. In der menschlichen Kultur wurden Speichermöglichkeiten entwickelt, die unabhängig von einzelnen Individuen sind und trotzdem individuell genutzt werden können: Sprache zur Weitergabe von komplexen Informationen, Zeichen und Bilder zur Speicherung von Sprache und Erzählungen.

Der Wert des Wissens

Die Möglichkeit, mit Hilfe von Informationen Fragen zu beantworten, hat für den Fragesteller einen Wert. Dieser kann gering sein, wenn es um eine Frage aus reiner Neugier geht ("Ist der Nachbar verheiratet?"). Er kann aber auch hoch sein, wenn mit der Beantwortung der Frage eine Entscheidung über Leben und Tod verbunden ist ("War der Nachbar zu Hause, als das Haus eingestürzt ist?"). Die Verfügbarkeit der Information zur Beantwortung der Frage ist ebenfalls für den Wert von Wissen relevant. Lässt sich eine Information leicht beschaffen und bereitstellen - zum Beispiel in dem man etwas kurz ausprobiert oder direkt nachschaut ("Regnet es?") - hat die entsprechende Information nur einen geringen Wert. Ist die Information aber nur mit großem Aufwand oder langer Erfahrung zu erlangen, so steigt ihr Wert erheblich ("Wird es übermorgen regnen?").

Manche Informationen erlauben die Beantwortung unterschiedlicher Fragen und sind deshalb wertvoller, als spezifische Informationen. Eine mathematische Regel kann für unzählige Fragen genutzt werden, das Geburtsdatum eines Mathematikers ist dagegen weniger flexibel nutzbar.

Der Wert einer Information, die als Wissen genutzt werden kann, hängt also von 3 Faktoren ab:

  • Wie wichtig ist die Beantwortung der Frage für den Fragesteller?
  • Wie hoch ist der Aufwand für die Beschaffung bzw. Bereitstellung der Information?
  • Welche Fragen können mit der Information noch beantwortet werden?

Dummerweise sieht man einer Information diese Faktoren nicht unmittelbar an. Wie relevant ist die Information, dass die in den Ötztaler Alpen gefundene jungsteinzeitliche Leiche Tätowierungen aufwies? Wie relevant ist die Information, dass sich durch die Dotierung eines Siliziumhalbleiters dessen elektrischen Eigenschaften verändern lassen? Manche Informationen haben scheinbar keinen Wert - bis Umstände und Fragen auftauchen, zu deren Antworten sie benötigt werden.

Deshalb ist das Horten von Informationen sinnvoll, auch wenn wir nicht immer wissen, was wir mit ihnen anfangen können. Das Anhäufen von Informationen ohne unmittelbaren Anlass finden wir im Spiel und in der Grundlagenforschung. Die Schwierigkeit besteht danach darin, einer neuen Frage die passende Information zu zuordnen. Der Zugang zur Information wird - je nach Bedeutung der zu beantwortenden Frage - dann zu einer Machtfrage.

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