Fortschritt

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Fortschritt relativ

Steven Pinker versuchte in seinem Buch "Gewalt" [1] den Nachweis zu erbringen, dass der Fortschritt menschlicher Gesellschaften zu einer Reduzierung der Gewalt auf diesem Planeten geführt hat. Mit dieser Haltung ist er nicht alleine.

Grundlage seiner These sind mehr oder weniger gut fundierte Statistiken. Dabei wird jedoch grundsätzlich ein relativer Ansatz gewählt: vergangene Tote werden nicht absolut - sondern relativ zur Gesamtpopulation betrachtet. Das kann man sicher so machen. Dann ordnet sich die Shoa auf der Rangliste der schlimmsten Gewaltorgien irgendwo bei der Invasionen der Mongolen oder den Opferritualen der Azteken ein. Man kann aber auch die absoluten Zahlen an Tot und Leid gegenüberstellen und dann wurden im 20. Jahrhundert mehr Menschen gequält und umgebracht als jemals zuvor.

Das Problem: für das Leid des Einzelnen ist die Zahl der Nichtleidenden irrelevant. Die Summe des Leids wird nur geringer, wenn die absolute Zahl der Leidenden geringer wird. Noch deutlicher wird dies an einer einfachen Fragestellung: Wären die Qualen eines Sklaven geringer, wenn hierdurch drei statt zwei Menschen besser leben könnten? Wird die Welt dann besser? Oder wird die Grausamkeit nur "verdünnt" und dadurch unsichtbarer?

Unser aktueller Fortschritt kann keine Reduzierung von Leiden und Gewalt in absoluten Zahlen belegen. Nur wenn man sie relativiert, leben wir in einer besseren Welt. Ich stelle zur Diskussion, ob dies eine angemessene Lösung des Problems ist.

Was ist Fortschritt?

Bloßes Fortschreiten ohne Ziel?
Immer dem Gipfel entgegen?
Ist Fortschritt immer gut?
Wer profitiert vom Fortschritt?
Ist es Fortschritt, wenn heute 10 Mio. Menschen statt früher nur 1 Mio. unglücklich sind?
Ist es Fortschritt, wenn heute 90 Mio. Menschen statt früher 2 Mio. glücklich sind?
Ist es Fortschritt, wenn immer mehr Menschen für eine kurze Zeit existieren?
Macht Fortschritt glücklich?
Ist das Unglück eines Menschen heute weniger schlimm, weil mehr Menschen glücklich sind?
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